D5

Tugendhafter Sessel
Bauhaus Original
Sergius Ruegenberg
1986


D5

Der Tugendhafte Stuhl

Gestell

Stahlrohr verchromt, 
TECTA-Geflecht

Sitzfläche

Abgeheftete Sitz- und Rückenpolster

Maße (cm)

Breite: 83
Tiefe: 82
Höhe: 84
Sitzhöhe: 37

In der Zusammenarbeit mit Tecta zeichnet Sergius Ruegenberg Ende der 1980er Jahre einige besondere Entwürfe. Dazu gehört Ruegenbergs Sessel, den er selbst den „Tugendhaften Sessel“ nannte und der die Studien aus Barcelona Sessel und Weißenhof-Stuhl verschmelzen ließ. Rund zwanzig Jahre später, im Jahr 2006, editiert Tecta nach enger Zusammenarbeit mit Ruegenberg und zehn Jahre nach seinem Tod, unter der Modellbezeichnung D5, den „Ruegenberg-Sessel“.


Aufmerksam wurde Axel Bruchhäuser im Rahmen der Recherchen zum hinterbeinlosen Kragstuhls auf Sergius Ruegenberg. Dieser offenbarte seine Zeichnungen zu einer Weiterentwicklung des Sessels für die Tugendhat-Villa, in denen das vernickelte Weißenhof-Gestell mit dem Lilly-Reich-Geflecht und der Barcelona-Polsterung in einem neuen Möbel Verbindung fanden. 

„Die Haupttugend des Sessels ist das Geheimnis seiner Federung“, erklärt Axel Bruchhäuser. „Er schwingt durch seinen langen Federarm stärker als der Weißenhof-Stuhl.“ Gemeinsam betrachteten Sergius Ruegenberg und Axel Bruchhäuser den tugendhaften Sessel als eine organische Weiterentwicklung des schönsten Stuhls des Jahrhunderts.



Kein Schattenmann. Sergius Ruegenberg, mit dem Tecta eine lange Zusammenarbeit verband, prägte die Arbeit deutscher Architekten von Bruno Paul über Mies van der Rohe bis zu Hans Scharoun maßgeblich mit. Der 1903 in Sankt Petersburg geborene Architekt Ruegenberg war einer der kreativen Köpfe in Mies Büro zwischen 1925 und 1934. Er prägte dort die Weiterentwicklung der wichtigsten Möbel der Moderne, zum Beispiel des Kragstuhls, den der Holländer Mart Stam entwickelt hatte. Ein Modell, das mit zwei statt vier Beinen auskommt und später unter dem Begriff »Freischwinger« in die Designgeschichte eingehen soll.


„Mies kam im November 1926 aus Stuttgart zurück und erzählte von Mart Stam und seiner Stuhlidee. Wir hatten ein Zeichenbrett an der Wand, darauf zeichnete Mies den Stam-Stuhl (...). Hässlich, so was Hässliches mit den Muffen. Wenn er wenigstens abgerundet hätte – so wäre es schöner – und er skizzierte einen Bogen.

Nur ein Bogen aus seiner Hand an der Stam-Skizze machte den Stuhl aus.“ Das erzählte Sergius Ruegenberg im Alter von 82 Jahren in einer unveröffentlichten Tonbandaufzeichnung für das Buch „Der Kragstuhl“. Eine einzige Handbewegung hatte den schönsten Stuhl hervorgebracht. Ruegenberg selbst zeichnete Mies Idee zu Ende. Die schwingende Dynamik und der runde Bogen, ausgestellt in der Weißenhofsiedlung in Stuttgart, haben bis heute Geschichte geschrieben.

Doch wie funktionierte das so unterschiedliche Gestaltungsteam? „Mies war Architekt und Bürochef. Ruegenberg der liebenswerte, musisch begabte Partner. Er wollte nur das machen, was er konnte“, erinnert sich Axel Bruchhäuser. Bruchhäuser besuchte 1985 Ruegenberg um die Urheberschaft des Kragstuhls von Mart Stam aufzuklären. Aus dieser Begegnung erwuchsen weitere Recherchen, auch zum berühmten Barcelona-Sessel von Mies van der Rohe, der durch sein Kreuzgestell zur Ikone wurde. 

„Drei Tage vor meiner Abreise als Bauführer nach Barcelona erhielt ich von Mies den Auftrag, einen Sessel zu entwerfen“, schrieb Ruegenberg an Tecta im Jahr 1988. Ruegenberg war weder eitel noch um Vorteil bemüht – er wollte nur klarstellen, dass Ludwig Mies van der Rohe nicht alles allein gemacht hatte. Ruegenberg hatte zwar den Weißenhof-Stuhl nach einer Idee von Mies gezeichnet, aber den berühmten Barcelona-Sessel hatte er eindeutig federführend gestaltet. Er war für den Repräsentationspavillon des Deutschen Reiches auf der Weltausstellung in Barcelona gedacht, den sogenannten „Barcelona-Pavillon“.

Am 20. April 1988 schrieb Ruegenberg an Axel Bruchhäuser: „In den Skizzen, die ich auf Grundlage des Hockers ausführte, ist auch die Idee für den Barcelona-Sessel enthalten. Aber da ich mehrere Zeichnungen hinterließ, ist es richtig, dass die Entscheidung bei Mies lag. Aus diesen Skizzen hat Mies ausgewählt, neu komponiert. Ich bitte Sie, Herr Bruchhäuser, dies nicht zu korrigieren, da es zu Irritationen in der Öffentlichkeit führen könnte.“