F51

Sessel für das
Direktorenzimmer
im Bauhaus Weimar
Bauhaus Original
1922/23


F51 Sessel

Der wegweisende Kubus

Korpus

Esche massiv, natur,
schwarz oder weiß lackiert

Sitzfläche

Stoff oder Leder

Maße (cm)

Breite: 70
Tiefe: 70
Höhe: 70
Sitzhöhe: 42

Variante

Nussbaum oder Eiche massiv

Wir befinden uns im Arkanum der Moderne. Der F51 (1920) ist nicht irgendein Sessel, er ist der ikonische Sessel für das Direktorenzimmer des Weimarer Bauhauses. Walter Gropius hatte dem Gebäude bereits die Dynamik der Moderne verliehen, entwarf ein kleines Gesamtkunstwerk aus Raum und Mobiliar, Wandteppich und Deckenleuchte. Nichts ist hier zufällig und alles nimmt Bezug aufeinander. Wer den isometrischen Aufriss des Direktorenzimmers studiert, sieht die Möbel als Teil eines dreidimensionalen Koordinatensystems.


 Durch diesen zentralen Raum des Bauhauses in Weimar sind alle wichtigen Gestalter gegangen, auch Mart Stam. Bewusst oder unbewusst wurden sie schon damals von der überkragenden Idee des Sessels F51  beeinflusst. Seine Kragarmkonstruktion kann als Vorläufer der hinterbeinlosen Stühle von Mart Stam gelten oder als Vorwegnahme des Kufenhockerprinzips von Marcel Breuer (1925).

„Die erste Kragstuhl-Idee stammt von Walter  Gropius, die erste Krag-Arm-Architektur von El Lissitzky “, beschreibt Axel Bruchhäuser von Tecta. Walter Gropius Gedanke lautete dazu: Das Ziel der modernen Architektur ist, „die Schwerkraft der Erde in Wirkung und Erscheinung schwebend zu überwinden.“ Später wurden es die geistigen Wurzeln der Krag-Idee und das Leitmotiv der Sammlung des Tecta Kragstuhl-Museums, Lauenförde.

Trotz seiner kubischen Form ist die Anmutung des Sessels mit seinen schweren, jedoch schwebenden Polstern und dem klaren Tragwerk menschlich. Gropius hat mit dem F51 ein Stück Raum um uns greifbar gemacht und in eine geometrische Form gegossen. Es scheint, als ob der Architekt zwei C-förmige Körper so ineinandergesteckt hätte, dass sie weiterhin Spannung vermitteln. Das auskragende Tragwerk stemmt die Sitzrücken- und Armlehnpolster vom Boden ab. Ruhe und Dynamik – der Sessel strahlt beides zugleich aus und verweist damit auf die zukunftsweisende Entwurfshaltung des Architekten, der Überkommenes radikal in Frage stellte.

1926 schreibt Gropius in „Grundsätze der Bauhausproduktion“ eindringlich: „Nur durch dauernde Berührung mit der fortschreitenden Technik, mit der Erfindung neuer Materialien und neuer Konstruktionen gewinnt das gestaltende Individuum die Fähigkeit, die Gegenstände in lebendige Beziehung zur Überlieferung zu bringen“ Genau das ist dem sorgsam gearbeiteten Sessel F51 anzusehen. Das Bestehende wird neu interpretiert und die Konstruktion, das „Gemachte“, tritt offen zu Tage.




Gründer und Denker der Bauhaus-Idee. Der Architekt und Gründer des Bauhauses, Walter Gropius (1883-1969), verspottete die überkommene Architektur gerne als „Salonkunst“. Er stammte selbst aus einer Familie großer Baumeister: Martin Gropius war sein Großonkel. Walter Gropius brach sein Architekturtudium ab und  lernte zunächst im Büro von Peter Behrens – wie übrigens auch Adolf Meyer, Mies van der Rohe oder Le Corbusier. In kurzer Folge schuf Gropius das, was wir heute Moderne nennen – einen entschiedenen Bruch von und mit den Konventionen der Vergangenheit. 


Dazu zählte, dass er die Prinzipien des Maschinenzeitalters – Typisierung und Standardisierung – nicht etwa ablehnte, sondern in seiner Gestaltung produktiv machte. „Entschlossene Bejahung der lebendigen Umwelt der Maschinen und Fahrzeuge“, schrieb der Bauhausdirektor 1926 und sah in der „Schaffung von Typen für die nützlichen Gegenstände des täglichen Gebrauchs eine soziale Notwendigkeit.“

Aus diesem Geist entstand nicht nur das Fagus-Werk als Ikone modernen Bauens und das Dessauer Bauhaus, hier wurden die Grundlagen dessen gelegt, was uns heute noch antreibt. „Das Ziel, typische Modelle zu schaffen, die alle wirtschaftlichen, technischen und formalen Forderungen erfüllen, verlangt eine Auslese bester, umfassend gebildeter Köpfe, die in gründlicher Werkpraxis wie in exaktem Wissen der formalen und mechanischen Gestaltungselemente und ihrer Aufbaugesetze geschult sind.“

Seiner kritischen Haltung zur traditionellen Baukunst konnte er mit der Bauhaus-Gründung eine neue Denkschule entgegen setzen. 1919 wurde Gropius zum Direktor der Großherzoglich-Sächsischen Hochschule für Bildende Kunst im thüringischen Weimar ernannt und gab der neuen Schule den Namen „Staatliches Bauhaus in Weimar“. 

Die Vision, die Gropius trieb, war nicht allein die Errichtung eines „Baus der Zukunft“ und ein Gesamtkunstwerk, sondern der höchst moderne Ansatz die Einteilung von Lehrling und Meister zwar einzuhalten, aber die beiden Lehren neu zu verweben. Über die Disziplinen hinweg zu arbeiten, interdisziplinär und im Geist des Forschens und Experimentierens. 

So verstand es Gropius ebenso, die  Ideen aus der Architektur in die Gestaltung von Möbeln zu übertragen, etwa die einzigartige Durchdringung von Volumen und Linearität, die viele seiner Entwürfe auszeichnet. Walter Gropius führte das Bauhaus bis zu seiner Schließung 1933, emigrierte 1934 nach England und 1937 nach Cambridge in die USA,  um als Professor für Architektur an der Harvard University zu lehren.
 



Bauhaus

Neuinterpretation

tecta_nowhaus_F51N_sessel_greiling.jpg

F51N
Neuinterpretation
Katrin Greiling
2018

F51
Bauhaus Original
Walter Gropius
1922/23