S40

Vitrine
Bauhaus Original
Marcel Breuer
1925


S40

Zwei Ansichten einer Skulptur

Gestell

Esche furniert,
lackiert abschließbar,
mit Schlüssel

 

Maße (cm)

Breite: 80
Tiefe: 80
Höhe: 165

Marcel Breuer dachte immer strukturell und architektonisch. So erscheint die Vitrine S40 wie ein Modell für ein Hochhaus in New York City: Klar ablesbar sind ihre gestapelten Elemente, überraschend ist die Konstruktion. Es scheint, als habe Breuer die Basis unter schlanke Tragstreben eingeschoben. So entstehen zwei völlig gegensätzliche Ansichten. Die Seiten springen vor und zurück, kragen aus. Da steht nicht etwa ein Monolith, Breuer schuf eine dynamische Skulptur, die an große Ladefahrzeuge am Hafen denken lässt, die Container aufnehmen und transportieren.


„Structure is not just a means to a solution. It is also a principle and a passion“, sagte Breuer und zeigte deutlich seine Freude am Fügen von Materialien. Die furnierten und lackierten Streben aus Esche sind auch sichtbar mit anderen Elementen verbunden, hier wird keine Schraube verborgen, sondern durch den Kontrast aus Edelstahl und dunkler Oberfläche noch betont. Das Prinzip verweist auf seine parallel entstandenen Stahlrohrentwürfe, die stets sichtbare Schraubverbindungen aufwiesen.

Der Entwurf von 1925, zu sehen in der Ausstellung am Staatlichen Bauhaus Weimar, besticht durch seine menschlichen Dimensionen: 165 Zentimeter hoch, 80 Zentimeter breit und tief, feiert er eine lässige Moderne, die sich entspannt einstellt auf dynamische Menschen, denen er dienen sollte.



Perfektion von Konstruktion und Detail. Natürlich verbinden wir den Bauhaus-Meister Marcel Breuer zuvorderst mit einem Werkstoff: Stahlrohr. Und einem Prinzip: dem Kragstuhl, der als Initialzündung modernen Möbelbaus diente. „Die Entfesselung des Menschen vom starren Sitz wich der Entfesselung auf den schwebenden Sitz. Der Kragstuhl wurde zum Zeitsymbol.“ Doch damit werden wir Marcel Lajos („Lajkó“) Breuer (1902-1981) nicht gerecht. Der Gestalter betrieb tatsächlich „Wesensforschung“: Was soll, was kann ein modernes Möbel heute leisten, war die Frage des Bauhauses. 1925 wurde Breuer als „Jungmeister“ Leiter der Möbelwerkstatt in Dessau. Schon im Jahr zuvor formulierte er, was er unter zeitgemäßer Einrichtung verstand.


Breuer ging es nicht ums Formale, auch wenn er höchsten Wert auf Details legte, ihm ging es um gedankliche Präzision. „Es gibt die Perfektion von Konstruktion und Detail, zusammen mit und im Gegensatz zur Einfachheit und Großzügigkeit in Form und Gebrauch“, schrieb er in einem Grundsatzessay.

Dass er dem Stahlrohr zum Durchbruch im Möbelbau verhalf, mag auch daran liegen, dass er als einer der ersten erkannte, dass unser Leben dynamischer geworden war und ebenso leichte wie bewegliche Lösungen verlangte. Der begeisterte Radsportfan nutzte zugleich das Modernste, was Architektur, Industrie und Gestaltung aufbringen konnten für einen neuen Zeitgeist. „Ich habe für diese Möbel Metall gewählt, um die Eigenschaften moderner Raumelemente zu erreichen“, erklärte Breuer. „Die schwere Polsterung eines bequemen Sessels ist durch die straff gespannte Stofffläche und einige leicht dimensionierte, federnde Rohrbügel ersetzt.“ Dazu gehörte auch, dass die Konstruktion nicht mehr versteckt wurde, sondern chromblitzender Teil der Erscheinung war.

Kragstühle wurden geschraubt, nicht geschweißt, Funktionen gestapelt und farblich gefasst. Das Ergebnis waren entmaterialisiertes Schweben und ein neuer Geist im Raum. Der Kragstuhl stellte eine Befreiung vom jahrtausendealten Thronmodell des steifen Sitzens dar. Er war das umgesetzte funktionelle, kinetische und konstruktive Gegenprinzip. Diese kinetische Linie, der Aufbruch der Moderne, ist heute bis zu den jungen Bauhaus-Gestaltern nachvollziehbar.